Wacken 2007

Samstag (04.08.2007)


Heaven Shall Burn

Waren die ersten beiden Tage in Wacken schon sehr gut, sollte der letzte Tag noch mal eins draufsetzen. Auch wenn es anfangs nicht so gut aussah. Die deutsche Metalcoreband Heaven Shall Burn legte erstmal einen seltsamen Auftritt hin. Verwunderlich war schon, dass die Band keinen großen Banner mit Namen drauf im Gepäck hatte, sondern einfach ein T-Shirt hängen ließ. Zum Intro kam der Sänger dann auf die Bühne und faltete erst einmal seine Hände und schloß die Augen. Dem Kommentar meines Nebenmanns, der „Hör auf zu beten, Du Blödmann!“ rief, ist nichts hinzuzufügen. Entsprechend verstört waren deswegen auch die meisten Fans, so dass die Stimmung anfangs nicht so toll war. Der deplaziert wirkende Sänger bremste anfangs auch ein bisschen die Stimmung. Als die Pogofreunde lautstark eine Wall of Death forderten, faselte er irgendetwas von „Nein, spart Euch Eure Kräfte“. Musikalisch war die Band dann trotzdem gut, wenn sie die Bühnenpräsenz in den Griff kriegen, können sie ein guter Act werden.

Moonspell

Es um 14.Moonspell00 Mitternacht werden zu lassen, erfordert Phantasie. Dennoch schafften es Moonspell mit einer kurzen Anlaufzeit, düstere Stimmung in sengender Mittagssonne aufkommen zu lassen. Bescheiden freuten sie sich, dass es „noch jemanden gibt, der die Texte mitsingen kann“ - der Schrei am Ende von „Vampiria“ kam dennoch vom Band und nicht wie früher vom (weiblichen) Publikum allein. Virtuoser Auftritt einer zurückgekommenen Szenegröße, die nie wirklich weg war.

Dir En Grey

Wirkten die ersten zwei, drei Lieder noch wie eine unkoordinierte Ansammlung von Screams, Heulgesang und cleanen Vocals (die die emorme Bandbreite des Sängers durchblicken ließen) vor dem Hintergrund brutalen auf die Instrumente eindreschens; so erschloss sich dem geneigten Hörer mit der Zeit mehr und mehr die komplexe Struktur und Genialität der Musik. Die letzten Stücke wirkten denn auch berechenbarer, so dass auch viele, die die Band zum ersten Mal sahen, mitnickten. Überrascht haben ein paar Fans, die die japanischen Texte mitsingen konnten und genauso wild mit allen Körperteilen fuchtelten und sie von sich schleuderten, wie die Bandmitglieder. Der Sänger verschmierte dann noch Kunstblut in Gesicht und auf dem Oberkörper, dies sollte später hitzige Diskussionen hervorrufen… In Gesamtheit betrachtet dürften Dir En Grey diejenigen, die sich nicht mit den ersten Songs abschrecken ließen, als neue Fans gewonnen haben, was auch der gegen Ende des Gigs immer tosendere Applaus verdeutlichte.

Type O Negative

Musikalisch astrein und fast schon nüchtern und koordiniert präsentierten sich Type O in der Dämmerung der riesigen Menschenmenge. Was bei dieser Band immer wieder besonders auffällt, ist, dass es wohl selten einen Frontmann gegeben hat, der auf der einen Seite so arrogant ist, dass es schon zum Himmel stinkt, dabei aber so cool und lässig ist, dass man ihn wieder mögen muss. Wer sich verspielt und dann einfach ein trockenes „Almost“ ins Mikro brummt, der muss einfach die Ruhe weg haben. Ebenso kommentierte er ein Solo seines Gittaristen ganz trocken mit einem „It´s absolutely dramatic“. Eine längere Pause entstand, weil unbedingt jemand auf der Bühne begrüßt werden musste, als wäre sie keine Bühne sondern eine Kneipe – dies verriet die Videoleinwand. Ebenfalls dank der Videoleinwand blieb den Fans nicht vorenthalten, wie Josh Silver genüsslich nasebohrte (wenigstens hat er die Hosen anbehalten – nicht so wie beim diesjährigen Rock am Ring). Einer der Gitarristen organisierte sich dann eine Kamera, nahm diese auf die Schulter und spielte sichtlich fröhlich mit dem Geräuschpegel der jubelnden Menge. Zu Beginn des vorletzten Songs „Christian Woman“ vom Hammeralbum „Bloody Kisses“ sprach Peter die Worte „ il nomine padri, eh filius, e spiritus sankti“ und „segnete“ die Metalheads mit „Weihwasser“, welches er praktischerweise aus drei bereitstehenden Rotweinflaschen entlieh. Sein Gittarist bekam dann freilich auch noch eine „Segnung“, schließlich ist der feine Herr ja kein Unmensch. Zum Abschluß spielten Type O dann noch ihren bekanntesten Titel „Black No. 1“, und spätestens da war die Stimmung auf dem Höhepunkt. Selbst die auf Immortal wartenden Fans der Nebenbühne konnten sich einen Aufschrei der Begeisterung nicht verkneifen, als sie die berühmten ersten Töne hörten. Diesen Titel spielten Type O dann auch in vollendeter Klasse. Alles in allem wohl einer ihrer besseren Auftritte.

Moonsorrow

Der um 25 Min. verspätete Beginn brachte der Band einige Pfiffe ein, die dann unter frenetischem Applaus blutverschmiert die Bühne betrat, um innerhalb einer Stunde 4 Songs zum besten zu geben. Der Klang im Zelt war nicht zu vergleichen mit dem der 3 großen Bühnen, tat aber den epischen, keyboardlastigen Songs und der Stimmung der im Zelt anwesenden keinen Abbruch. Die Aufforderung des Sängers, den Schlusssong „Sankaritarina“ mitzusingen, weckte ob der vollständig in Suomi gehaltenen Texte zunächst Ängste; als jedoch das Publikum zum majestätischen Hintergrundchor wurde, unterstrich dies das Lied perfekt. Die Lautstärke des Applauses und der Gefülltheitsgrad des Zeltes trotz der parallel spielenden Immortal hätten auch eine größere Bühne gerechtfertigt.

In Flames

Laut offiziellen Angaben waren 72000 Leute in Wacken, auch wenn Eric Fish später von 100.000 Zuschauern sprach. Eins hatten alle 72000 gemeinsam, sie wollten In Flames sehen. Die dichte Menge bis zum Ausgang hin, die vielen Crowdsurfer auch noch in den hinteren Reihen und das nichtendenwollende Geschubse und Gedränge trübten das brilliante Konzert für einige Fans ein wenig, alles in Allem herrschte jeoch eine Riesenstimmung. Pyrotechnik vom Feinsten, ein geniales Feuerwerk und tausende tobender Fans machten den Auftritt von In Flames zu einem Höllenspektakel. Selbst wer In Flames gar nichts abgewinnen kann, hat an diesem Abend etwas verpasst. Eine solche Stimmung erlebt man selten, und schon die alleine wäre drei Tage Wacken wert gewesen! In Flames bemühten sich auch um einen ordentlichen Auftritt, was Ihnen auch gelang. Von der Songauswahl her handelte es sich im Wesentlichen um das in den letzten zwei Jahren bereits öfter gehörIn Flameste „Standardset“, angereichert um eine Zugabe von der neuen Platte; allein den T-Shirts nach waren sehr viele Fans anwesend, und so wurde auch in den hitneren Reihen noch kräftig mitgesungen und gefeiert. Sänger Anders übertrieb wie üblich („these were the best 10 minutes in my whole life“) und forderte die Fans auch mal auf, Feuerzeuge und Handys rauszuholen (you can’t tell me you left it in your tent!”) – in diesem Moment waren auch ettliche Crowdsurfer unterwegs… Des Weiteren outete er sich zum wiederholten Mal als Scorpions Fan, wie schon beim letztjährigen Rock am Ring. So langsam könnte er sich eine andere Anmoderation von „Come Clarity“ überlegen, auch wenn er den Begriff „Power Ballad“ zurecht sehr mag. Zeit dazu wird er haben, da In Flames erst mal nicht mehr so schnell nach Deutschland kommen werden, wie er betonte. Dafür dürfen sich die Fans auf ein neues Album freuen, welches schon so gut wie fertig ist. Dieses Album soll natürlich der Hammer werden – klar, das man das als Sänger einer Band sagt – wobei ein bisschen weniger Eigenlob In Flames an diesem Tag gut getan hätte. Denn wenn man vor 72.000 tobenden Fans spielt, sollte man das eigentlich nicht mehr nötig haben.

Cannibal Corpse

Danach standen Cannibal Corpse auf der Bühne. Ist diese Art von Metal für die einen pure Comedy, so können sich andere Gemüter gleichwohl daran erhitzen. Cannibal Corpse vergewaltigten ihre Instrumente eine gute Stunde lang, nach der so mancher im Publikum zufrieden und schweißgebadet aussah, während andere auf dem Zeltplatz schimpften.

Der letzte Auftritt des Festivals gehörte wie schon im letzten Jahr

Subway to Sally

Wie es bei dieser Band typisch ist, war die Stimmung schon vor dem Auftritt bestens und das änderte sich natürlich auch nicht mehr. Bei keiner anderen Band wird so laut und konsequent mitgesungen, die Ansammlung von OhrwüSubway to Sallyrmern ist schon beeindruckend. Wie In Flames lobten sich auch Subway über alle Maßen, inclusive kleinem Seitenhieb auf In Extremo. Auch wenn StS als erstes das Lied Erdbeermund gespielten, hatten sie es ebenfalls nicht nötig, dies extra hervorzuheben. Der Rest der Show war erste Sahne. Eric Fish war der absolute Chef auf der Bühne, nur schade, dass die anderen Bandmitglieder nur „im Vordergrund“ standen, wenn Eric zu Ihnen lief, denn ansonsten ließ man sie etwas im dunklen. Subway to Sally sind live noch eine Spur besser als auf Platte, weil sie es hier – nicht nur aufgrund der tollen Fans – einfach besser verstehen, ihre Energie zu vermitteln, von der sie einige haben. Besonders positiv in Erinnerung bleibt Eric Fish, der oftmals völlig in seinen Liedern aufgegangen ist und teilweise alles um sich herum vergessen hat. Eine solche Identifikation mit seinen eigenen Liedern sieht man sehr selten. Zwei neue Stücke, die auf dem bald erscheinenden neuen Album drauf sein werden, spielten StS auch. Von zweiterem wird es noch viel zu sehen geben, da Subway an diesem Abend ein Livevideo gedreht haben, eben zur ersten Single. Die beiden Songs waren nicht schlecht, wobei ersterer doch den besseren Eindruck gemacht hat. Man darf sich also auf das neue Album freuen.

Fazit

Die Festival Area überraschte mit Heu und Holzspänen über filzartigen Planen, was eine halbe Million gekostet haben soll, dafür aber das Festival vor der Absage in letzter Minute bewahrte. Während des Feuers am Freitag hätte die Aufforderung, sich aus dem Rauch zu verziehen, früher kommen müssen, auch wenn verständlich ist, dass der Veranstalter in so einem Moment alle Hände voll zu tun hat. Vereinzelt gab es sumpfige Stellen, die sich in Schlamm-Arenen bzw. im Dunkeln in fiese Löcher verwandelten. Die neue Aufteilung des Geländes sorgte fürImpressionen Staus im Übergang Main Stages – Party Stage in den Pausen. Generell reichte die Menschenmenge zu Stoßzeiten schon fast dicht an dich an die Ein- / Ausgänge heran, so dass dem Veranstalter zu raten ist, nach Mitteln und Wegen zu suchen, die Kartenmenge genauer begrenzen zu können, oder das Gelände anzupassen. Selbstverständlich stimmte das weitere Drumherum in Wacken. Für das leibliche Wohl ist an vielen zahlreichen Ständen gesorgt und der Metalmarkt samt Schickschnack war auch eine echte Attraktion. Letztlich war das WOA 2007 ein tolles Erlebnis mit vielen klasse Auftritten und macht Lust auf das nächste Jahr. Dort dürfte alleine der schon angekündigte Auftritt von den Altmeistern Iron Maiden für ein Fortsetzung der Party sorgen.

Donnerstag - Freitag - Samstag

Daniel Trumino, Anja Späte, Christian Schneider

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