Mein Highlight des Samstags ist schon vor dem ersten Auftritt durch. Eigentlich geht es nur um eine Dusche, doch machte ich mir beim Anstellen noch sorgen, ob meine Glatze nicht doch ein wenig Sonnencreme verkraftet hätte, ziehen zehn Leute weniger in der Duschschlange, schwarze Gewitterwolken in einer Geschwindigkeit und Bedrohung auf, wie man es eigentlich nur aus dem heute zweitwichtigsten Medium, dem Fernseher kennt. Der Platzregen setzt schnell ein, beim Hagel hat sich schon die Schlange bis auf wenige Hartgesottene zerschlagen. Ein wenig Platzregen später geht es dann doch mit Duschen los, da einige großartige Metalheads allem zum Trotz, Ihre Kabinen räumten. Mein Dank gilt hier insbesondere einem Paar aus dem Pott, dass wir erfreulicherweise beim Campen erneut kennenlernen durften.
Firefighters
Auch wenn ich seit 2007 Wacken besuche, so finde ich doch erst das erste Mal den Weg zu den WOA
Firefighters. Die Stimmung ist gegenüber den, auf diversen Dokumentationsmaterial zu sehenden Auftritten, eher bescheiden, was auch daran liegen könnte, dass es bereits Ihr dritter Auftritt an diesem Wochenende ist. Das Schunkeln macht selbst mit meinem gerade eher niedrigen Alkoholpegel Spaß, die Qualität dagegen ist eher überschaubar.
So nehmen wir einen kleinen Ausflug durch das Wackinger Village war, sehen zu wie geschmiedet wird und bleiben bei einer Art Rugby in der "Kampfarena" hängen, da der Startruf "Eine Hand an den Sack" mehr verspricht. Das Spielfeld ist begrenzt durch jeweils eine "Torlinie" einer Manschaft. Ziel ist einen Sack über die Linie des Gegners zu bringen, erlaubt scheint alles im Rahmen von sportlichen Ringen. Gespielt wird es, wir zu sehen bekommen, von echten Männern, die keinen Zentimeter verloren geben. Just in dem Moment, wo wir uns überlegen, uns mit einem Kirschbier hier häuslich einzurichten, springt ein Kämpfer ohne Absicht seinem Gegner seitlich in das Knie und das Spiel ist erst einmal vorbei. Wir wünschen dem „Gefallenen“ alles Gute, da Angelegenheiten um das Knie immer recht unangenehm sind und ziehen weiter.
Dabei stoßen wir zufällig auf Monstagon und die Wastelandstage. Wo kommt denn diese Bühne nun schon wieder der... Wacken wächst immer weiter...es fällt schon gar nicht mehr auf. Wenn diese Bühne in der Vergangenheit stand, ist diese völlig an mir vorbeigegangen. Selbst diese gibt Monstagon einen guten Sound. Diese Zahlen es dem WOA mit einer guten Mischung aus Volbeat Riffs gepaar t mit einer Stimme à la James Hetfield zurück. Man mag über das wachsende Angebot und die einhergehende Kommerzialisierung streiten, doch ein Konzert dieser Qualität als Nebenprodukt beim Bummeln über das Wackinger erleben zu können, ist auf jeden Fall positiv für das Gesamtbild.
Kommen wir zu den geplanten, und irgendwie doch ungeplanten Metal Church. Doch auch ein Versprechen unter Freunden kann durchaus zu der ein oder anderen positiven Überraschung führen. Erste subjektive Bonuspunkte gibt es dafür, dass die Band aus Seattle Mit Ihrer Kombination aus Thrash und Speed Metal härter und straighter sind als Saxon. Die Performance kann sich mit den selbigen messen, weshalb der direkte Vergleich naheliegt. Insgesamt schaffen es Metal Church in meiner persönlichen Wacken 2016 Rangliste Saxon zu überholen, was nicht einfach ist.
Bevor ich mit Callejon einsteige, muss mal ein Lob an die persönlich wahrgenommene, neu gewonnene Ernsthaftigkeit und Gründlichkeit bei der Reinigung von Toiletten und Duschen hervorhabe. Danke Wacken Team.
Callejon... Party Stage. Schon vor dem Gig habe ich meine Bedenken, da ich die letzten Jahre negative Erfahrungen mit der Party Stage gemacht habe, diese im Gegensatz zum Zelt weiter abgebaut hat. In diesem wurde die Qualität nachhaltig gesteigert bis die Headbeanger und WET Stage dieses Jahr auf dem hohen Wacken Niveau angekommen sind.
Leider kommt es auch so wie es kommen musste und die Party Stage nimmt einem potentiellen Festivalhighlight sprichwörtlich die Bühne. Der Sound ist überschaubar, die Black Metal Stage hört man immer mit. So machen auch Cellejon nicht viel Spaß, obwohl die Ruhrpottler durchaus das potential haben, dem Metalcore einen Stempel aufzudrücken, das Genre weiterzuentwickeln. Von „Kind im Nebel“ bis hin zu „Porn from Spain“ wird einiges aufgefahren, doch nie ohne treiben oder gar mitreißen zu können.
Ich schreibe dies der Party Stage zu und sehe hier dringend Nachholbedarf. Verbesserung oder Abbau, so bringt diese Bühne jedenfalls keinen Mehrwert und schadet dem guten Ruf des Festivals.
Diesen poliert dann der Headliner von Wacken 2016 wieder ordentlich auf. Ich konnte Twisted Sister bis zu diesem Moment nicht einmal Ihrem größten Hit „We’re not gonna take it“ zuordnen. Ohne Maiden und Guardian zu Nahe treten zu wollen, steht nach dem ersten Song schon fest, dass dies der Headliner ist, auf den ich noch gewartet habe.
Daniel „Dee“ Snyder ist eine Rampensau vor dem Herrn. Mit seiner Stimme und Ausstrahlung nimmt er die Audience schnell ein, den letzten Brödler überzeugt er dann spätestens mit seinen humorvollen Ansagen.
Eigentlich ist die Ankündigung des Abschieds kein Grund zu feiern. Seine Betonung der Ernsthaftigkeit des Rücktritts im Gegensatz zu den Kollegen Kiss und den Scorpions bringt jedoch die Menge zum Gröhlen.
„Burn in Hell“ erinnert mich an den letzten, einzigartigen Auftritt von Heaven & Hell in Wacken, den ich auch gleich als Maßstab setze. Von dem Klassiker „Can’t stop Rock'n'Roll“ geht es zu „The Fire still burns“, wo Dee gekonnt, gecastete IDOL Gewinner von Algedienten Größen, wie den Scorpions und Motörhead angrenzt, bei denen die Fansgemeinde sich nach 40 Jahren den Dank mehr als verdient hat.
Weiterhin lernen wir den „Country Bullshit“ Hellyeah, mit dem für Metalheads würdigeren Fuckyeah zu ersetzen. Den Siedepunkt erreicht die Stimung dann beim bekannten „We don’t gonna make it“, welches minutenlang mitgesungen wird. Im Laufe des Konzertes drückt die Menge immer wieder die Wertschätzung gegenüber Twisted Sister mit dem wiederholten Anstimmen aus. Was eine Atmosphäre.
Diese holt Dee wieder herunter, als wir den gestorbenen Größen wie den Twisted Sister Schlagzeuger A.J. Pero, Dio und Lemmy gedenken. Die Erzählung von einem Meeting drei Monate zuvor, bei dem die Band beschloss, die Verhinderung eines Bandmitglieds keinen Einfluß auf die Tour haben lassen solle einen jeder einen Ersatz bestimmte, der für in einspringen soll, geht unter die Haut.
Doch wir sind zum Feiern hier und die Überleitung zu dem großartigen „Pay the Price“ ist gelungen. „I wanna rock“ über „Tear it loose“ bis hin zu SMF schließen am Ende ein großes Erlebnis ab. Meine Füße wollten nach fünf Minuten „Twisted Sister“ nach einem anstrengenden Wochenende schon verlassen, doch
Diese fesseln und bleiben bei mir bis dato mit Heaven & Hell zusammen als beste Headliner von Wacken in Erinnerung.
Leider verzichte ich, wie ich später erfahren sollte, auf ein grandioses Arch Enemy Konzert. Gut, dass ich das mit einer DVD nachholen kann, denn nach diesem Headliner, hätte es ohnehin jeder schwer gehabt, zu überzeugen.
Fazit:
Was bleibt von Wacken 2016 am Ende des Tages übrig? In erster Linie die erneute Erkenntnis, dass in Wacken ein LineUP Schall & Rauch ist. Auf dem Papier war es seit Jahren, das für mich unattraktivste Wacken. Am Ende sorgen Foreigner, Orphaned Land, Alcest und Twisted Sister für eines der besten, wenn nicht musikalisch dem besten Wacken, das ich erleben durfte.
Das Wetter war ein typisches Wacken Wetter, fernab von festivalgefährdenden Unwettern.
Die Rucksackthematik stellte sich wie vorgestellt heraus. Die praktische Einschränkung hielt sich bei mir wegen dem Wissen zuvor in Grenzen, einen Großeinkauf auf dem Metal Markt hatte ich sowieso nicht geplant. Ein fader Beigeschmack bleibt, da ich einfach nicht auf Wacken an eine solche Thematik erinnert werden will, es jedoch immer wieder wurde. Vielleicht hat sich aber auch dieses Thema mit der Routine Wacken 2017 schon erledigt.
Bleibt die Frage, ob eine Party Stage in dieser Qualität noch vertretbar ist und wie lange dem Zuschauer noch diese Schlammassen zugemutet werden sollen. Leider musste die wissenschaftliche Betrachtung, ob ein Wacken ohne Schlamm, ein Wacken sein kann, vertagt werden. Gerne seid Ihr zu der Diskussion Wacken 2017 eingeladen.
See you in 2017
Cristian Schneider, Vicky Schneider & Ronny Kühn
|
|
Anzeige
|