Wacken 2006

Freitag (04.08.2006)


End of green

Die Schwaben in Wacken, und dann noch direkt auf eine der großen Bühnen. Hätte mir das jemand vor zwei Jahren erzählt, hätte ich Ihn garantiert nicht ernst genommen. Die Göppinger produzieren nun schon seit fünfzehn Jahren Gothic-Rock auf höchstem Niveau, fanden aber bis zum aktuellen Output nie die entsprechende Beachtung. Das kann man teils auch nachvollziehen, da sie nach der relativ erfolgreichen Erstveröffentlichung „Infinity“, die noch sehr doomlastig war mit „Believe, my friend“ eine Independent / Alternative- Rock Scheibe an den Tag legten und sich zusätzlich damit auch noch viel Zeit ließen. Inzwischen ging die Band aber wieder back to the Roots, doch wurde in der Entwicklung der letzten Jahre der Doom – Part größtenteils mit rotzig frechem Rock ersetzt. Übrig bleibt eine „Depressed Subcore“ – Band (lehnt an Gothic Rock an), die es versteht mit einem Song den Hörer in tiefste Melancholie zu stürzen, um Ihn daraufhin mit einer End of GreenRockwalze zu überrollen. Eine wahre Gitarrenwand, ein eigentständiges Songwriting und insbesondere der charismatische Ausnahmesänger Michael „Darkness“ Huber prägen End of Green und heben sie aus einer Masse an Gothic-Bands hervor. Diese Band muss sich wahrlich nicht mehr vor Größen wie Paradise Lost, Type o negative oder Tiamat verstecken und nahm verdient diesen Platz in Wacken ein. Das Konzert war einfach perfekt. Huber legte sich mächtig ins Zeug und man konnte förmlich sehen, wie viele der Zuschauer, welche die Band lediglich aus Interesse betrachteten in den Sog der Begeisterung gezogen wurden. Sicherlich ein Gewinner dieses Festivals. Überraschend war die Setlist, die viele ältere Songs aufwartete. Absolutes Highlight war jedoch „Drink myself to sleep“ aus dem aktuellen Release „Dead End Dreaming“.

Wintersun

Die erst im Jahre 2004 von Ex-Ensiferum Sänger Jari Mäenpää gegründete Melodic Metal Band ist musikalisch schwer einzuordnen, da sie Einflüsse aus Black-, Death-, Viking-, Power-, Progressiv- Metal und Folk zu erkennen sind. Nichtsdestotrotz dürfte sie in erster Linie bei Anhängern des Blackmetal - Lagers Anklang finden. Besonders fällt in den Liedstrukturen eine beständig vorhandene und klar herauskristallisierte Melodielinie der Gitarren auf, so dass ein Vergleich mit Dimmu Borgir nicht von der Hand zu weißen ist. Schade ist einmal mehr, dass die Synthesizer gesampelt wurden. In den Vocals hält sich cleaner Gesang mit den Screams ungefähr die Wage. Hier ist eine Band mit viel Potential entstanden. Live war sie für eine Blackmetal - Band erstaunlich gut und zog eine enorme Menschentraube an. Im Allgemeinen hat mich live allerdings noch nie eine Blackmetal – Band vollends überzeugt, was wohl ein Resultat von Geschwindigkeit mit beständigem Hinterlegen von Synthesizern ist.

Six feet under

Die amerikanische Death-Metal Band steht wohl seit Jahren neben „Cannibal Corpse“ im Kommerzbereich des Metals für Brutalität und Härte der besonderen Art. Dies wollte sie wohl schon mit dem Bandnamen suggerieren, der im Amiland ein umgangssprachlicher Ausdruck für „begraben“ ist. 1993 von eben dem Ex-Sänger von Cannibal Corpse Chris Barnes gegründet, begründet sie Ihre Eigenständigkeit wohl auf diesen. Chris Barnes Growls sind für nahezu jeden Metalfan schnell zurechenbar. Eben diese Growls sind auch der Ausdruck der Härte. Dieses Image, welches ich denke nicht mal im Sinne der Band war, sonder sich einfach so ergab brachte der Band mehr Erfolg als die musikalischen Qualitäten. In diesem Sinne muss ich wohl ein Warmduscher sein, da ich trotz einer qualitativ hochwertigen Darbietung aus Langeweile und Monotonie heraus schon nach drei Liedern den Weg zu den gleichzeitig spielenden Ektomorf fand.

Ektomorf

Ektomorf ist eine ganz besondere Band aus Ungarn. Soulfly und Sepultura sind die Nahmen, die einem bei der Beschreibung dieser Band ständig entgegengeschleudert werden. Doch ist Ektomorf nur ein Abklatsch derer großen Namen? Mitnichten. Ektomorf ist eine Trash-Metal Band, die ihre kulturellen Wurzeln als Gypsy nicht verleugnen, sondern stolz in die Welt tragen wollen. Dies äußert sich musikalisch eben in einem dem Tribal – Ansatz von Soulfly und Sepultura ähnlichen Einfluss. Natürlich leugnet Zoltán Farkas, der mit seinem Bruder Csaba die Band 1994 gründete, die Vocals innehat und der kreative Kopf der Band ist nicht die Vorbildfunktion von Cavalera als Mensch und SongwriterEktomorf. Doch mehr lässt sich von Cavaleras Einfluss spätestens seit dem „Destroy“-Album nicht bemerken. Live ist Ektomorf eine absolute Macht. Die Riffs sind so treibend, dass man einfach gar nicht anders kann, als seine Halswirbel erneut auf Brechen und Biegen zu testen. Existierte die Band zu Zeiten der Entdeckung des Pogos, hätte ich Ihr eine tragende Rolle zugesprochen. Auch dieses Mal brauchte es nicht lang, bis die Band alle Metalheads in Ihren Bann zog und zum moschen bewegte. Spätestens bei dem Kracher „I know them“, der bisher sicherlich Ihr stärkster Song ist und sich nicht hinter Cavaleras „Roots, bloody roots“ verstecken muss, konnte auch der letzte Anwesende nicht mehr still stehen. Zumindest in den Live-Qualitäten hat Ektomorf jetzt schon eben genannte Bands in die Schranken verwiesen.

Nevermore

Die Nordamerikanische Power-/Trash - Metal Band, welche 1991 in Seattle gegründet.ward, wurde in Wacken mit großer Begeisterung empfangen. Mit ihren verspielten Einflüssen insbesondere aus dem Progressiv-Metal aber auch aus dem Death- / und Speed – Metal auf hohen technischem Niveau wandernd, erspielteNevermore sich die Band in den Jahren eine große Fangemeinde, was in Europa sicherlich der Support von Blind Guardian stark förderte. Aufgrund der großen „power“ – Ausrichtung, gegen die ich Allgemeinen eine Abneigung hege, dauerte es gut eine dreiviertel Stunde, bis der Funke auch zu mir übersprang. Dennoch wird es, wie bei allen progressiv gestrickten Bands, wohl noch eine Weile dauern, bis sich mir das ganze Potential dieser Band erschließt. Auf jeden Fall ist diese Band live eher Kennern zu empfehlen, da sie mit relativ komplexen Strukturen arbeitet, die eine Feierlaune wie sie beispielsweise bei Ektomorf aufkommen will, in Grenzen halten.

Opeth

Da dachte sich wohl der Veranstalter, er gibt mit Nevermore und Opeth im Paket den Besuchern ein wenig harte Kost. Opeth ist wohl die Ausnahmeband in der Mischung der Stilrichtungen Death und Progressive, Leader Mikael Åkerfeldt ein absoluter Perfek­tionist. Seit 1995 bringt Opeth ein Album besser als das andere heraus. Das aktuelle „Ghost reveries“ fand wieder einmal besondere Beachtung unter den Kritikern und wurde mit Lob überschüttet. Leider erschließen sich Opethprogressive Bands dem Hörer üblicherweise erst nach mehreren Anläufen in Ihrer vollen Bandbreite und haben es daher nicht leicht, eine Fanbase aufzubauen. Des Weiteren sprach sich Mikael Åkerfeldt immer gegen Kommerz aus, was leider auch die Beschaffung Ihrer Platten zeitweise zur Tortour werden ließ beziehungsweise gänzlich unmöglich machte. Wer aber einmal den äußeren Rand des Opeth-Kreises durchbrochen hat, wird immer tiefer hineingesogen. Bei mir schaffte die Band in meinem Stellenwert einen Sprung von unbekannt auf Platz eins, hart umkämpft mit End of Green innerhalb eines halben Jahres. Opeth ist aber aufgrund ihrer komplexen und langen Songstrukturen einfach keine Festivalband. Obwohl der Auszug ihrer Werke imposant dargeboten wurde, riss er nur Opeth-Fans mit. Eine Band, die keine Refrains und keine Stellen zur Frönung der Lust am Singen bietet, hat es nun mal schwer. Da hilft auch keine perfekte technische Darbietung. Für alle Fans dafür ein echter Genuss an der Hochkultur des Metals.

In Extremo

Über In Extremo gibt es nun wirklich nicht viel zu sagen, dass nicht schon jeder weiß. Ihr Stil, der sich von Mittelaltermärkten geprägt bis hin zu Folk - Metal entwickelte,ist insbesondere durch die klasse Stimme von Michael Robert Rhein einmalig. Live vermag es die Band eine tolle Bindung und somit Atmosphärezwischen sich und dem PublikumIn Extremo aufzubauen. Auch dieses Mal deutete dies sichschon nach dem ersten Song wieder an. Dennoch ging ich nach dem dritten Lied in Richtung Zelt. In Extremo vermarktet sich bundesweit einfach viel zu stark. Mittlerweile sehe ich sie in fünf Jahren das fünfte Mal auf einem Festival. Das ist bei einem Newcomer, der den Durchbruch schaffen will verständlich. Bei einer Band, die diesen jedoch schon lange hinter sich hat ist dies einfach zu billig verkauft. Das Besondere des Auftrittes geht damit verloren. Demzufolge fängt man an, sich diese Band bei Festivals auszusparen, da man Sie ja sowieso, ein par neue Songs vielleicht ausgenommen, bis ins kleinste Detail kennt.

Carnivore

Das war wohl nichts. Carnivore, die Band von Peter Steele vor der Grüdung von Type O Negative und nach Auflösung jener konnte nicht sonderlich überzeugen. Irgendwie spiegelt Carnivore in punkto Texten und Sound lediglich alles Negative von Type O’ wieder. Weder Atmosphäre noch Melancholie, dafür stumpfes CarnivoreGeholze und ein Peter Steele (der nebenbei erwähnt ein paar Kilo mehrzugenommen haben muss), der sich in Zungenakrobatik und Arroganz übte, was schon allein die Zugabe von drei Gitarrenriffs widerspiegelte. Welch ein Spass. Wenigstens die Bühenpräsenz sollte man doch meinen sollte doch positiv haften bleiben. Doch diese modischen roten Shirts und das dazu passende rote Stirnband Steele’s ließen die Band einfach nur peinlich aussehen. Für mich die absolute Enttäuschung, vielleicht konnte aber ein Fan der Band der Sache noch etwas Positives abringen.

Korpiklaani

Der „Klan des Waldes“, wie sich Korpiklaani frei übersetzen lässt, steht mit seiner Interpretation des Folk-Metal mit leichten Trash-Metal-Anleihen für Naturverbun­den­heit und einem selten so konsequent vermittelten Spass Korpiklaaniam Metal. Gegründet wurde die Band erst im Jahr 2003 von Sänger Jonne Järvelä, fuhr aber schon beachtliche Erfolge ein, worauf schon die Position in der RunningOrder Wackens schließen lässt. Live machen sie wie bereits erwähnt einfach nur Spass. Koorpiklaani ist Party, feiern, trinken, lachen und so sehen auch Ihre Auftritte aus: eine große Feier in der Familie. Diese Ungezwungenheit und Distanzierung üblicher (wir sind so böse) Images anderer Metalbands machen sie einzigartig. Ich kann jedem nur ans Herz legen, einmal diese Band live mitzuerleben.

Children of Bodom

Die Finnen spinnen. Spass beiseite. Children of Bodom (COB) spielen nun schon seit ungefähr einem Jahrzehnt an der Spitze des extremen Metals und eroberten gleich mit Ihrem ersten Album die finnischen Charts. Anscheinend vermag es niemand diese Band stilistisch einzuordnen. Sänger Alexi Laiho besteht nur darauf, nicht in den Power-Metal-Schublade gesteckt zu werden, da COB seiner Meinung nach nichts mit Bands wie Hammerfall gemein habe. Beim ersten Durchlauf ihres aktuellen Releases „Are you dead yet“ ordnete ich sie spontan dem (Melodic-) Death-Metal, irgendwo zwischen In Flames und Hypocrisy zu. Natürlich bestehen Children of Bodomnoch ein paar Nebeneinflüsse, wie ein bisschen Trash und Speed. Die Bands, die heutzutage sauber einen Stil zu spielen pflegen, kann man sowieso schon fast an einer Hand abzählen. Voller Vorfreude entsprang ich meiner von In Extremo gegebenen Pause und wurde leider enttäuscht. Dieser Auftritt wurde meinen Erwartungen nicht gerecht. Am zahlreich erschienen Publikum lag es sicherlich nicht. Ich vermag es jetzt nicht zu urteilen, ob der Mischer schon Feierabend hatte, oder COB an für sich einfach live nach Einheitsbrei anhören. Die auf dem neuesten Outlet fein getrennten und für sich deutlich erkennbaren Linien waren verwischt. Es war schwer zu erkennen, was nun von dem Synthesizer oder Gitarre gespielt wurde. Die Melodie ging phasenweise völlig unter, der Gesang war kaum zu vernehmen. Dadurch wurde es schwer die Songs auseinander zu halten und eine gewisse von Monotonie ausgelöste Langeweile breitete sich langsam bei mir aus. Die Probleme wurden mit der Zeit teilweise ausgemerzt, dennoch war es am Ende höchstens eine ordentliche, sicherlich keine perfekte Darbietung. Von einer Band, die schon den Kult-Status innehat, erwarte ich einfach mehr. Vielleicht sollten sie mal ein „In Flames“ Konzert besuchen :-)

D’espairs Ray

Der Hammer. Eine Wucht. Mehr oder weniger von meiner Freundin hingezerrt und als Gothic Rock vorgestellt, sah ich D’espairs Ray und lies Celtic Frost dafür fallen und wurde mehr als belohnt. Was für eine Kraft diese Band ausstrahlt, so etwas sah ich selten. Gothic Rock Elemte sind durchaus enthalten, Grundlage des ganzen bildet jedoch der J-Pop. Die Ausbrüche des Sängers Hizumi lassen stark an Marylin Mansons „Antichrist Superstar“ erinnern. Ein Industrial Einfluss a la „Fear Factory“ lässt sich auch nicht von der Hand weisen, genauso wenig wie Korn. Kurz gesagt, D’espairs Ray sind einzigartig. Vor allem Hizumi, der live sowohl den cleanen Gesang als auch die Screams in Per­fek­tion beherrscht, hat das Charisma und strahlt auch das Selbstbewusstsein eines Superstars aus, obwohl D’espairs Ray mit bisher zwei Konzerten in Europa nicht sehr bekannt sein dürften. Ihre Insel hingegen beherrschen D’espairs Ray jetzt schon; ganze Festivals sprießen Ihretwegen aus dem Boden und die Frauen fallen in ganzen Scharen in Ohnmacht. Leider sind Ihre ersten Alben lediglich in Japan erhältlich, da Gan Shin Records erst vor kurzem einen europäischen Vertriebspartner an Land gezogen hat. Ihr aktuelles Album „Coll:set“ ist Ihr erstes europäisches Release. D’espairs Ray war ein echter Gewinn für Wacken und für mich einer der besten Acts des Festivals überhaupt.

Amon Amarth

Die Schweden sind wohl die Viking-Metal-Band schlichtweg. Über die Bühnenqua­litäten von Amon muss man sicherlich nicht lange sinnieren. Amon gibt immer alles und wenn nicht gerade wie in Wacken, bei den ersten zwei Songs, der Amon AmarthSound einen Strich durch die Rechnung macht, sind sie die absolute Macht. Noch von meinem Schläfchen wärend Ministry ein wenig benommen taumelte ich wacker des zwei Uhr nachts Richtung „Black-Stage“ um meine Helden mal wieder livesehen zu können. Einfach der Wahnsinn. Lediglich „Thousand years of Oppression“ wollte mir Amon an diesem Abend versagen. Sonst wurden mit beispielweise „For the Stabwounds in our Backs“, „An Ancient Sign of Comming Storm“ und „Victorious March“ einige Klassiker ausgepackt. Mit dem genialen „Death in Fire“ wurde der Gig dann beendet. Einziger Wehmutstropfen war die kurze Spieldauer von lediglich einer Stunde. Amon hätte auch gut drei Stunden spielen können, ohne dass sich ein Metalhead abgewandt hätte.

weiter

Mittwoch - Donnerstag - Freitag - Samstag - Fazit

Christian S.

 

Bildergalerie